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Berlin und Brandenburg: Zentrum der Photonik

Clusterkonferenz Optik und Photonik am 18. November 2019

 

Zentraler Moment der Veranstaltung im Berliner Futurium war die Überreichung des novellierten Masterplans Optik und Photonik durch den Clustersprecher Prof. Dr. Martin Schell an den Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, Herrn Prof. Dr. Jörg Steinbach, sowie den Staatssekretär für Wirtschaft, Energie und Betriebe des Landes Berlin, Herrn Christian Rickerts,. 

Die aktive Beteiligung von über 100 beteiligten Clusterakteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft an dem Novellierungsprozess des Masterplans zeugt von dem großen Interesse und dem hohen Engagement für die Weiterentwicklung des Clusters, führte der Staatssekretär in seinem Grußwort aus. 

Er betonte, dass die erste GRW-geförderte Netzwerkinitiative für Fachkräftesicherung in der Region (proANH e.V.) Pionierarbeit für den Industriestandort leistet, an dem sich andere Branchen orientieren können und sollten. Um die Hauptstadtregion zum führenden Innovationsraum der EU zu machen, bedürfe es solcher neuartiger Lösungen der Fachkräftesicherung. Dafür müssen alle an einem Strang ziehen, insofern wünsche er den Anwesenden positive Gespräche.

Auf die Bedeutung der Photonik verwies anschließend Herr Minister Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach in seiner Begrüßung hin, denn im Bereich der Optischen Technologien und der Photonik wird aktuell nicht nur im Masterplan der Entwicklung innovativer Mikroelektronik-Anwendungen und Sensorlösungen große Bedeutung beigemessen. „Diese sind Schlüsseltechnologien für Innovationen, die in der Medizin, der Kommunikationstechnik oder der Automobiltechnik benötigt werden“, betonte Steinbach. Ihn habe ein 2018 erschienener Online-Kommentar überrascht, dessen Verfasser erst jetzt bewusst geworden sei, „welch tiefe Geheimnisse das masselose Licht bergen könne“. Dabei seien 2001 und 2012 bereits Physik-Nobelpreise an Forscher dieser Fachrichtung vergeben worden. Seit Jahren sei die Photonik ein Thema in der Grundlagenforschung und der Transfer in die angewandte Forschung längst erfolgt. Als ehemaliger Präsident der BTU Cottbus-Senftenberg freue er sich, dass mit Prof. Dr. Harald Schenk ein ehemaliger Kollege den Aufbau des iCampus Cottbus koordiniert. „Das Projekt ist ein Aushängeschild, das ich weiter beobachten werde“, schloss der Minister.

Bevor Prof. Dr. Martin Schell, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik HHI, den Masterplan vorstellte und mit Dr. Lerch übergab, legte er anhand von Beispielen dar, was Photonik ist: Angefangen bei Datenübertragung durch Glasfaser über die Sensorik sowie Materialbearbeitung und Landwirtschaft habe die Querschnitttechnologie auch Einzug gehalten in die Quantentechnologie. „Photonik ist aber auch Nachhaltigkeit. Die Menge CO₂, um die Emissionen durch sie reduziert werden können, entspricht etwa 11 Prozent der Ziele, die sich Deutschland innerhalb des Paris-Abkommens gesetzt hat“, so Schell weiter. In der Region Berlin/Brandenburg ist Photonik ein sehr vielfältiges Cluster aus 400 meist mittelständischen exportorientierten Unternehmen mit rund 16.600 Mitarbeitern sowie 36 Forschungsinstituten, die zusammen jährlich 2 Mrd. Euro Umsatz generieren. Schell dankte Herrn Dr. Frank Lerch für die Koordinierung der Akteure bei der Erstellung des Masterplans.

Auf dessen Aushändigung folgte ein buntes Vortragsprogramm. Ausgehend von den Herausforderungen im Lausitzer Revier wie Strukturwandel, demografischer Entwicklung und zu geringer Gründungsaktivität beschrieb Prof. Dr. Harald Schenk von der BTU Cottbus-Senftenberg und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS den BMBF-geförderten Innovationscampus Elektronik und Mikrosensorik (iCampµs), bestehend aus BTU Cottbus-Senftenberg, den Leibnitz-Instituten IHP und FBH sowie den Fraunhofer Instituten FBH und IZM und IPMS. Der iCampµs bündelt Kompetenzen zur Entwicklung und Erprobung neuer miniaturisierter Sensorlösungen, um vor allem Firmen der Region den Anschluss an Lösungen der Hochtechnologie zu ermöglichen.

Interessante Einblicke in die Quantentechnologien bot Dr. Markus Krutzik, der das Joint Lab Integrated Quantum Sensors am Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik und der Humboldt-Universität zu Berlin leitet. Auch er präsentierte Anwendungsbereiche und neue Perspektiven wie hochpräzise Navigation und absolut sichere Datenübertragung. Das Potenzial von Quantentechnologien sei riesig: „Deutschland ist hier auf europäischer Ebene Spitze und die EU konkurrenzfähig mit den USA und China“, berichtete Krutzik. Dennoch sei nicht alles „Quantum“: Insbesondere photonische Schlüsseltechnologien müssen kompakter, robuster und skalierbar werden, um Quantensensoren bis zur Marktreife zu entwickeln.

Unter anderem auf Klimawandel und sichere Kommunikation hob auch Carlos Lee, Direktor des European Photonics Industry Consortium, in seinem Vortrag ab. Zwar sei es möglich, Tumorzellen mithilfe von Photonik zu entdecken und Gemälde zu untersuchen und zu reinigen. Er begrüßte auch, dass OSRAM sich als Photonik-Firma bezeichnet. Europa müsse aber in Unternehmen investieren, um von großen außereuropäischen Technologiekonzernen unabhängig zu bleiben. „Wir müssen wissen, was drin ist, und es selber im Griff haben“, mahnte Lee eindrücklich. Berlin, die Clusterkonferenz eingeschlossen, zeichne sich durch starkes Engagement aus. Durch die Nähe von Politik, Forschungseinrichtungen und Start-ups sei die Hauptstadt maßgebend und somit zentral für Photonik.

Anschließend gab Gerrit Rössler, Clustermanager Optik und Photonik, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie, einen Überblick über dessen Entwicklung und stellte die Schwerpunktthemen und Leitlinien der InnoBB 2025 vor.

Über Fachkräfte sprach auch Uta Voigt, FBH. Die Koordinatorin des Aus- und Weiterbildungsnetzwerks Hochtechnologie ANH Berlin präsentierte das Projekt BM=X³, das innerhalb des vom BMBF ausgelobten Wettbewerbs InnoVET konzipiert wird. Es soll Attraktivität, Qualität und Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung im Bereich Mikro- und Nanotechnologie erhöhen und die Gewinnung von Fachkräften unterstützen. Der Mangel an gewerblich-technischen Kräften sei ungebrochen hoch, es gelte, den eigenen Nachwuchs heranzuziehen, so Voigt. Dafür wurde ein neuer Verein proANH e.V. gegründet. „Es ist wichtig, dass wir uns in der Branche noch besser vernetzen und Kräfte bündeln.“

Für Vernetzung und geeinte Kräfte steht die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland, die Dr. Dietmar Laß, Program Manager Business Development, Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik, vorstellte. Dieser „One-Stop-Shop“ bietet deutschen und europäischen KMU, der Großindustrie, Start-ups bzw. Forschungseinrichtungen das Know-how von elf Instituten des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik und der Leibniz-Institute FBH und IHP. Laß ging in seinem Vortrag speziell ein auf Anwendungsbereiche der FMD, ihre Bedeutung für die Region und deren Angebot für Clusterakteure etwa am Beispiel LiDAR oder bei der Überwachung kritischer Infrastrukturen.

Das Leistungszentrum Digitale Vernetzung wird seinem Namen gerecht, mag mancher gedacht haben nach der Präsentation von Felix Fehlhaber, Leiter dessen Geschäftsstelle und am Fraunhofer IPK. Unter anderem deckt es die technologische Digitalisierungskette ab, bietet es Unternehmen den schnellen Einstieg in die digitale Transformation und vernetzt es Start-ups, Industrie und Technologiepartner im Berliner Tech-Ökosystem.

Abschließend brachten Vertreter von Start-ups und Ausgründungen sich und ihre spannenden Ideen dem Publikum in drei Minuten näher: Darunter die TU-Ausgründung SIUT, die Fertigteile aus Lichtfaserbeton entwickelt und das Henningsdorfer Biotech-Start-up Smedo, das mit einer Universität einen Sensor testet, der aus bis zu sieben Meter Entfernung den Pulsschlag eines Menschen erkennen soll.

„Ich denke wir haben der Politik gezeigt, dass die Photonik in Berlin/Brandenburg eine gut funktionierende Branche ist. Mit dem Masterplan liegt eine Roadmap vor, mit der wir Schwerpunkte gesetzt haben entlang der Entwicklung von Innovation und Ausbildung“, so das Fazit von Martin Schell der sehr gut besuchten Veranstaltung.

Beitrag von Frau Marion Appelt (havelcom concept)