Ein Feuerwerk der Nanoteilchen

Fraunhofer-Institut IAP in Potsdam-Golm bringt frische Farbe in Displays

In den Laboren des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm werden die leuchtendsten Farben der Zukunft synthetisiert. Und das in einer unscheinbaren, nahezu farblosen Lösung. In einem speziellen Syntheseprozess wachsen winzige Kristalle, so genannte Quantum Dots. Diese Nanoteilchen entfachen in der Hinterleuchtungseinheit eines LC-Displays ein wahres Feuerwerk der Farben. „Ein großer Vorteil der Quantum Dots besteht darin, dass sich ihre optischen Eigenschaften gezielt modifizieren lassen, indem man ihre Größe variiert“, erklärt Dr. Armin Wedel. Er leitet den Forschungsbereich „Funktionale Polymersysteme“ am IAP in Potsdam-Golm.


Dr.Dr. Armin Wedel/&nbsp Fraunhofer IAP

Am schnellsten lassen sich Quantum Dots für die Farbe Blau synthetisieren. Etwa 15 Minuten dauert der Prozess. Für Rot müssen schon um die 30 Minuten eingeplant werden. Das Besondere dieser Produktion ist, dass ein und dasselbe Ausgangsmaterial für die Synthese aller Nanoteilchen genutzt werden kann. Das macht den Herstellungsprozess im Vergleich zu den bisher verwendeten Materialien einfacher und letztlich auch preiswerter. Nahezu der gesamte sichtbare Spektralbereich ist durch gezielte Synthese der Quantum Dots zugänglich.


Forschungsschwerpunkt im Bereich „Funktionale Polymersysteme“ sind OLEDs. Speziell mit Quantum Dots beschäftigen sich die IAP-Wissenschaftler schon seit einigen Jahren. Zunächst wurde für die Herstellung der Quantenpunkte Cadmium verwendet. Da allerdings die EU-Kommission derzeit ein Verbot des umweltschädlichen Cadmiums für die Herstellung von Konsumgütern diskutiert, sind die Golmer Forscher umgestiegen. „Wir versuchen das Cadmium aus den Quantum Dots zu verbannen und vergleichbare Eigenschaften zu erzielen“, erklärt der Physiker Dr. Wedel. „Wir erproben, Quantum Dots auf Basis von Indiumphosphid herzustellen“, sagt der Experte. Bisher könne damit eine Spektralschärfe von 40 Nanometern erreicht werden. Die Cadmium-Produkte bringen mit 20 bis 25 Nanometern noch die etwas bessere Spektrumsschärfe. „Doch je besser wir die Synthese verstehen und wissen, wann welche Materialien unter welchen Bedingungen zusammengebracht werden müssen, desto besser werden auch unsere Ergebnisse sein“, davon ist Dr. Wedel überzeugt. Er rechnet damit, dass Quantum Dots innerhalb der nächsten fünf bis sieben Jahre marktreif sind und die Displays von Fernsehern oder Smartphones erobern werden. Neue Materialien müssen sich eben erst in einer Serienproduktion bewähren. Aber: „Alle Firmen, die Displays herstellen, beschäftigen sich derzeit mit dem Thema Quantum Dots“, erklärt Dr.Wedel. Beim IAP liegen sogar schon Aufträge von Unternehmen aus Südkorea vor.

Die Golmer Wissenschaftler suchen ganz gezielt Kooperationen mit der Wirtschaft. Dafür wollen sie auch ihre Vernetzung über das Cluster Optik nutzen. Partner sieht Dr. Wedel nicht nur in Firmen aus der Region, sondern auch im nationalen und internationalen Maßstab. Über viele Forschungsprojekte habe man in den vergangenen Jahren am Fraunhofer-Institut ein großes Know-how aufbauen können, das man gern mit Unternehmen praktisch umsetzen möchte. Im Forschungsbereich, den Dr. Wedel verantwortet, werden Materialien mit speziellen optischen und elektronischen Eigenschaften sowie Prozesse und Konzepte für kundenspezifische Anwendungen entwickelt. Im Anwendungszentrum für Innovative Polymertechnologien, das im Jahr 2012 am IAP in Betrieb genommen wurde, können die Wissenschaftler verschiedene Dünnschichttechnologien erproben. Beispielsweise für OLEDs, die so verarbeitet in Funktionsbekleidung integriert werden können. Damit eröffnen sich Chancen auf dem wachsenden Markt der „pesonal health care“. Leuchtelemente, Anzeigen, Sensoren und Batterien in der Kleidung ermöglichen es, die Daten des eigenen Körpers ständig im Blick zu haben und auf kritische Situationen schnell reagieren zu können. Dünnschichttechnologien verwendet das Forscherteam um Dr. Wedel auch im Bereich der Photovoltaik. So konnten Solarmodule auf Polymersubstrate aufgebracht werden. Dr. Wedel denkt schon einen Schritt weiter: Künftig könnten Solarmodule einfach von Rolle zu Rolle gedruckt werden. Das würde die Produktion einfacher und kostengünstiger machen, schwärmt der IAP-Wissenschaftler.

Die Entwicklungen am IAP können vom Labor- bis zum Technikumsmaßstab vorangetrieben werden. Das Fraunhofer-Institut sieht sich als Partner und Dienstleister für mittelständische Firmen und auch große Konzerne. Am Standort Potsdam-Golm können die Forscher sogar unter Reinraum-Bedingungen arbeiten. Einen Reinraum von solcher Qualität gebe es an anderen Orten nicht. „Hier ist er Wirklichkeit“, betont Dr. Wedel.

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Reinraum im Fraunhofer IAP/&nbsp Fraunhofer IAP

Bei den Quantum Dots, die zu den neuesten Entwicklungen am IAP gehören, sind längst noch nicht alle Einsatzmöglichkeiten ausgelotet. Sie könnten auch in der Bioanalytik Karriere machen, wie Dr. Wedel erklärt. In der Medizin werden bestimmte chemische Reaktionen zur Identifizierung von Krankheiten genutzt. In der Analyse zeigen Farbumschläge diese Reaktionen an. Dafür werden organische Farbstoffe eingesetzt. Mit Quantum Dots sind die Farbumschläge „sehr viel prägnanter“, so Dr. Wedel. Die Analyse wäre also einfacher. Die Forscher am IAP müssen für diesen Einsatz erst noch ein Problem lösen. In der Bioanalytik müssen die Quantum Dots wasserlöslich sein und trotzdem eine stabile Struktur behalten. „Das ist die Herausforderung“, sagt der Potsdamer Physiker.

Dass das IAP mit seinen Forschungen auf dem richtigen Weg ist, sieht Dr. Wedel an der Karriere zweier ehemaliger Mitarbeiter seiner Abteilung. Einer arbeitet für LG Electronics –ein südkoreanischer Elektroriese, der unter anderem Fernseher und Smartphones im Programm hat. Der andere führt in den USA die Erforschung der Quantum Dots weiter. „Das ist für mich eine Bestätigung der Qualität unserer Arbeit“, so Dr. Wedel.

Portrait von Dr. Ute Sommer

Kontakt:

Dr. rer. nat. Armin Wedel

Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP)
Geiselbergstraße 69
14476 Potsdam-Golm

Telefon:&nbsp&nbsp  +49 331 568 – 1910
Email: &nbsp    &nbsp armin.wedel@iap.fraunhofer.de
Internet: &nbsp  www.iap.fraunhofer.de


Kurzprofil IAP:

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm entwickelt Kunststoffe, Technologien und Konzeptionen für kundenspezifische Anwendungen. Im Forschungsbereich „Funktionale Polymersysteme“ reicht das Spektrum von der Entwicklung von Materialien mit halbleitenden Eigenschaften über chromogene, phototrope bis hin zu leuchtenden Polymeren, die zu organischen Leuchtdioden (OLEDs) verarbeitet werden. Das IAP hat rund 200 Beschäftigte, darunter sind 80 Wissenschaftler. Auf den Forschungsbereich „Funktionale Polymersysteme“ entfallen 50 Mitarbeiter. Es werden Aufträge von mittelständischen Firmen und Großunternehmen bearbeitet.