Interview mit Herrn Wolfgang Süß - Detektivarbeit mit dem Magnetometer

Detektivarbeit mit dem Magnetometer


Die SENSYS Sensorik & Systemtechnologie GmbH in Bad Saarow ist ein Experte für die präzise Ortung von Munition im Boden. Auch Archäologen nutzen Magnetometer von SENSYS, um dem Boden Informationen über längst vergangene Zeiten zu entlocken. Künftig will das Unternehmen weitere Geschäftsfelder erschließen. „Wir wollen Speziallösungen vorantreiben“, erklärt Wolfgang Süß, einer der Geschäftsführer von SENSYS, im Interview.


Kurzporträt:


In mehr als 50 Staaten der Erde sind Magnetometer der SENSYS Sensorik & Systemtechnologie GmbH aus Bad Saarow, Ortsteil Neu Golm, im Einsatz. Das Unternehmen ist in der Kampfmittelsuche, der Archäologie, Geophysik und mit zahlreichen Speziallösungen für den effizienten Einsatz von Magnetometern aktiv. Die Sonden registrieren Verzerrungen der Magnetfeldlinien im Boden. Im Zusammenspiel mit einer umfassenden Datenanalyse lassen die Messergebnisse Rückschlüsse auf Art und Lage verborgener Gegenstände im Boden zu. Gegründet wurde die Firma im Juli 1990 von Dr.-Ing. Andreas Fischer – damals als Büro für Bildverarbeitung. SENSYS ist seitdem gesund gewachsen und hat heute rund 30 Beschäftigte. Das Unternehmen entwickelt ganz nach Kundenwunsch spezifische Messgeräte und die passende Software für die Auswertung der Daten. Dr. Fischer ist heute der Inhaber des Unternehmens. Für die Abwicklung des Tagesgeschäfts hat er drei Geschäftsführer berufen.


Interview:


optiMST: Es sind viele Arten von Magnetometern auf dem Markt. Was macht die Produkte der SENSYS Sensorik & Systemtechnologie GmbH so besonders?

Wolfgang Süß: Das lässt sich am Beispiel unseres meistverkauften Gerätes, der SBL10, sehr gut erklären. Die SBL10, die im Jahr 2010 auf den Markt kam, ist 3,6 Kilogramm leicht. Es gibt Geräte, die sind doppelt so schwer. Die Batterien in unserem Magnetometer ermöglichen einen Betrieb von zwei Wochen. Auch das ist ein großer Vorteil im Wettbewerb. Wir nutzen ein GPS-System mit der Genauigkeit von einem Zentimeter. Zum Vergleich: Das alltägliche GPS in Pkws arbeitet mit Abweichungen von zwei Metern. Unsere Technik ermöglicht es, ferro-magnetische Gegenstände in Tiefen von bis zu sechs Metern zu orten. Alles dreht sich um das Erdmagnetfeld. Eisenhaltige Körper im Boden verzerren die Magnetfeldlinien. Die Verzerrungen können mit dem Magnetometer gemessen werden. Zur Hardware mit Sonden und Trägersystemen liefern wir auch die passende Software, um die Messdaten zu analysieren und auszuwerten. Insofern passt die Unternehmensbezeichnung „SENSYS Sensorik & Systemtechnologie“ heute besser denn je. Der Kunde bekommt das Komplettpaket.


optiMST: Welche Branchen beliefern Sie mit Ihren Produkten?

Wolfgang Süß: Die Produkte von SENSYS werden primär für die Kampfmittelberäumung genutzt. In Saudi Arabien wurde mit unserer Technik ein 3500 Hektar großes Areal sondiert. 600 Tonnen Munition wurde gefunden. Auch im Kosovo nutzen Minen- und Bombensucher Magnetometer aus unserer Produktion. Experten der Sprengschule in Dresden werden an unseren Geräten ausgebildet. Wir sind in mehr als 50 Ländern aktiv. Magnetometer werden auch für archäologische Untersuchungen eingesetzt. Großflächige Bilder vom jeweiligen Umfeld machen verborgene Grundrisse und archäologische Überreste sichtbar. Zu unseren Geschäftsfeldern zählt seit einiger Zeit die Geophysik. Für die Installation von Wärmepumpen müssen tiefe Bohrungen gesetzt und später korrekt verfüllt werden, um nicht die Stabilität der Bohrungen zu gefährden. Wir haben ein System entwickelt, mit dem die Qualität der Füllungen geprüft werden kann. Dafür wird das Füllmaterial magnetisch angereichert und so auf einen Check mit dem Magnetometer vorbereitet.


optiMST: Sind damit die Einsatzbereiche dieser Technik ausgereizt?

Wolfgang Süß: Nein. Auch wenn es bei der Kampfmittelberäumung sicher noch lange Zeit viel zu tun gibt, sind wir dabei, neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Das betrifft zum Beispiel Untersuchungen unter Wasser. Es geht darum, die korrekte Lage von Öl- oder Gaspipelines zu überprüfen. Unter Wasser besteht immer die Gefahr, dass die Leitungen durch die Gezeiten verschoben wurden. Unter-Wasser-Checks erweitern natürlich auch die Möglichkeiten der Kampfmittelsuche. Bevor Offshore-Windparks in der Nord- oder Ostsee gebaut werden können, muss der Seeboden auf Munition untersucht werden. Dazu ist eine besonders präzise und robuste Technik nötig. Denn die Kosten für solche Überprüfungen sind enorm. Der Einsatz eines Schiffes auf See kostet pro Tag mehrere zehntausend Euro. Da darf es keine Verzögerungen oder Ausfälle geben. Die Herausforderung liegt darin, die Sensorik über den Boden zu führen und sicher wieder an Bord zu holen.
Andererseits wollen wir auch die Drohnentechnik nutzen. Sie soll unsere Sensoren in die Luft bringen. Dadurch lassen sich größere Gebiete leichter untersuchen. Wir brauchen aber eine gewisse Bodennähe für unsere Sonden, um sichere Daten zu gewinnen. Da gilt es, das richtige Maß zu finden. Und noch etwas: Wir planen, verschiedene Sensoren miteinander zu verheiraten. So könnten zum Beispiel Kameratechniken zusammen mit dem Magnetometer für die Analyse eingesetzt werden. Uns geht es darum, mehr Daten zu gewinnen, die mehr Aussagen über das untersuchte Areal zulassen. Die einfachen Sachen sind vorbei. Wir wollen Speziallösungen vorantreiben. Dazu sind wir in der Lage. Ein Drittel unserer rund 30 Mitarbeiter ist in der Entwicklung tätig. Jedes Standardprodukt, das wir haben, können wir nach den Wünschen des Kunden spezifisch anpassen. Wir operieren in Nischenmärkten und sind darauf getrimmt, schnell zu reagieren. Erklärtes Unternehmensziel ist es, etablierte und neue Märkte zu entwickeln und zu internationalisieren.


optiMST: Welche Rolle spielt dabei der Unternehmensstandort Bad Saarow? Ist er ein Nachteil – gerade im Umgang mit internationalen Kunden?

Wolfgang Süß: Für den Kontakt mit unseren Kunden ist der Standort nebensächlich. Wir nutzen sämtliche Medien für den Dialog, auch Skype und WhatsApp. Außerdem: Bad Saarow ist ein schöner Ort. Das hat sich bei unseren Kunden herumgesprochen. Manche verlängern hier sogar ihren Aufenthalt. Erst kürzlich haben wir eine Ausschreibung in Bangladesh gewonnen. Die Auftraggeber bestehen darauf, zweimal zu uns zu kommen: zur Abnahme der Produkte und zum Training an den Produkten. Sie kommen gern nach Bad Saarow. Das Unternehmen SENSYS ist vernetzt in der Region. Wir haben ein regionales Zuliefernetzwerk. So werden zum Beispiel Gehäusekomponenten für unsere Messgeräte von einer Firma im nahen Petersdorf hergestellt. Wir kooperieren bei verschiedenen Projekten mit Brandenburger Firmen und Forschungsinstituten, etwa mit der Bohrlochmessung Storkow GmbH und mit dem Geoforschungszentrum in Potsdam. Das Cluster Optik wollen wir künftig nutzen, um stärker mit Hochschulen und Universitäten zusammenzuarbeiten.


optiMST: Wie gelingt es, Fachkräfte für das Unternehmen zu gewinnen?

Wolfgang Süß: So ziemlich alle, die hier arbeiten, kommen aus dem näheren Umfeld – direkt aus Bad Saarow oder auch aus Fürstenwalde. Ich zum Beispiel wurde in Fürstenwalde geboren, habe für Konzerne in Bremen, Hamburg und Hennigsdorf gearbeitet und bin hierher zurückgekehrt. Es ist super spannend, für solch ein kleines, international aktives Unternehmen zu arbeiten. Ich bin noch nie so viel gereist wie jetzt. Der Firmengründer und Inhaber Dr. Andreas Fischer legt großen Wert darauf, mit einem stetig wachsenden Unternehmen Sicherheit für die Familien der Mitarbeiter zu schaffen. Pro Jahr werden ein bis zwei Leute neu eingestellt. SENSYS startet früh mit der Werbung um Fachkräfte-Nachwuchs in der Region. Dr. Fischer hat eine LEGO AG ins Leben gerufen und dafür Schüler aus umliegenden Schulen gewonnen. Die 9- bis 16-Jährigen entwickeln unter anderem Roboter, mit denen sie auch schon in regionalen Wettbewerben erfolgreich waren. Die Schüler arbeiten beispielsweise mit Abstandssensoren, um die Roboter für eine fehlerfreie Fahrt durch das Rondell unseres Antennengebäudes zu manövrieren.


optiMST: Sie sprechen vom auffälligsten Gebäude des Firmensitzes von SENSYS: einem Rundbau mit Parabolantenne auf dem Dach. Was hat es damit auf sich?

Wolfgang Süß: Dieses Gebäude war eine Intersputnik Erdfunkstelle. Davon gab es Dutzende in Osteuropa. Sie waren angeschlossen an das Satellitenfunksystem von Intersputnik. Der von uns genutzte Bau im Bad Saarower Ortsteil Neu Golm wurde 1974 errichtet. Im Jahr 2002 hat Dr. Fischer das Gebäude von der Telekom übernommen und modernisiert. Die 12 Meter große Parabolantenne ist erhalten. Doch die Funktechnik, die es im Gebäudeinneren gab, ist demontiert.

Das Interview führte Dr. Ute Sommer.

Zur Person:

Wolfgang Süß ist seit knapp fünf Jahren für die SENSYS Sensorik & Systemtechnologie GmbH in Bad Saarow tätig. Ursprünglich eingestellt als Vertriebsleiter, ist der 35-Jährige inzwischen einer von drei Geschäftsführern des Unternehmens. Der gebürtige Fürstenwalder hat an der Berufsakademie Mannheim ein duales Studium der Informationstechnik absolviert und dabei für Airbus in Bremen gearbeitet. Später war er im Innovationsbereich von Airbus in Hamburg tätig und zog dann wegen der Familie wieder in den Berliner Raum. Er arbeitete bei Bombardier in Hennigsdorf, bevor er zu SENSYS wechselte.


HerrHerr Wolfgang Süß /&nbsp Dr. Ute Sommer

&nbsp

Kontakt:

Dipl.-Ing. Wolfgang Süß
SENSYS Sensorik & Systemtechnologie GmbH
Rabenfelde 5
15526 Bad Saarow / OT Neu Golm

Telefon: +49 33631 59650
E-Mail: wsuess@noSpamsensys.de
Internet: www.sensys.de