Interview mit Stephan Kühr - Gründer und Geschäftsführer von 3YOURMIND GmbH

„Ein regelmäßiger Austausch zwischen Start-Ups, etablierten Unternehmen und Nutzern der 3D-Druck-Technologie findet bislang so gut wie nicht statt. Im Netzwerk wollen wir die Innovationstreiber aus dem 3D-Druck zusammenbringen, um gemeinsam neue technologische Entwicklungen und Geschäftsmodelle voranzutreiben.” - Stephan Kühr, Gründer von 3YOURMIND GmbH im optiMST-Interview über die Potenziale von 3D-Druckern und Kooperationen am Standort Berlin.

Über 3YOURMIND

3YOURMIND entwickelt intelligente 3D-Druck-Lösungen für die Industrie im 3D-Druck-Markt. Das Unternehmen wurde 2013 von Stephan Kühr, Aleksander Ciszek und Tobias Wunner gegründet und gehört zu den „100 besten deutschen Innovationen für eine digitale Welt” (Preisträger 2015 beim Wettbewerb Deutschland -&nbspLand der Ideen. 3YOURMIND hat eine Software entwickelt, mit der auf Knopfdruck 3D-Daten für den Druck analysiert und optimiert werden. Das spart viel Zeit und Geld. Zudem bietet das Unternehmen einen einzigartigen Preisvergleich bei der Suche nach einem Druckdienstleister. Zu den Kunden und Partnern von 3YOURMIND zählen DAX 30-Konzerne ebenso wie die weltweit führenden Entwickler von 3D-Druckern und CAD-Programmen. 

www.3yourmind.com

 

INTERVIEW

optiMST: Herr Kühr, Sie sind Geschäftsführer des Start-Ups 3YOURMIND, einem innovativem Dienstleister rund um den 3D-Druck. Welche aktuellen Entwicklungen gibt es beim 3D-Druck?

Der 3D-Druck wurde bereits 1983 von dem US-Amerikaner Chuck Hull erfunden. Seit etwa 10 Jahren gibt es eine intensive Entwicklung mit vielen Fortschritten. In der öffentlichen Wahrnehmung spielt der 3D-Druck aber erst seit einigen Jahren eine Rolle. Die Industrie hat sich in den letzten Jahren zunehmend professionalisiert, inzwischen gibt es leistungsfähige Anbieter mit bis zu 1.000 Mitarbeitern und eine Vielzahl von Verfahren und Materialien. 
 
Die neuen Möglichkeiten haben bei industriellen Anwendern inzwischen ein großes Interesse ausgelöst, sehr viele Unternehmen beschäftigen sich mit dem Thema und möglichen Anwendungsfeldern. Dabei beobachten wir einen Trend der Einsatzerweiterung vom Prototyping hin zu Kleinserien. Die ständig sinkenden Kosten spielen dabei natürlich eine große Rolle.


optiMST: Wieviele und welche Materialien gibt es inzwischen? Wie unterscheiden sich die physikalischen Eigenschaften der Materialien beim 3D-Druck von klassischen Herstellungsverfahren?

Es gibt inzwischen über 150 verschiedene Materialien wie beispielsweise Titan, Stahl oder Kobalt, Hochleistungskunststoffe wie PEEK und verschiedenste Harze mit einer Konsistenz von hart bis gummiartig. In den Entwicklungslaboren wird bereits an Verfahren für den Wunderwerkstoff Graphen geforscht.

Die physikalischen Eigenschaften beim 3D-Druck unterscheiden sich teilweise von klassischen Herstellungsverfahren. Die Festigkeit, Haltbarkeit und Belastbarkeit ist in der Regel noch nicht so groß wie bei Materialien, die mit traditionellen Verfahren hergestellt wurden. In vielen Fällen ist das aber je nach Einsatzzweck dennoch ausreichend.

Grundsätzlich ist der 3D-Druck ein Schicht-für-Schicht-Auftrag, daher wird kein voll durchkristallisiertes Metallgitter erreicht. In den meisten Fällen ist allerdings eine klassische Nachbearbeitung wie zum Beispiel polieren, schneiden, fräsen oder sägen wie bei herkömmlichen Materialien möglich. Auch die elektrische und thermische Leitfähigkeit spielt eine große Rolle im 3D-Druck. Während der direkte Druck von Metallen wie Kupfer sehr hohe Leitfähigkeit erlaubt, jedoch sehr aufwändig ist, wird mit Hochdruck an Komposite-Materialien und Filamenten geforscht, die ähnlich gute Eigenschaften aufweisen und dabei besser im 3D-Drucker zu verarbeiten sind.

Bei speziellen Harzen, die mit Licht ausgehärtet werden, erreichen einige Verfahren eine Genauigkeit von etwa 50 Mikrometern, bei Metallen werden sogar bis zu 30 Mikrometer erreicht. 


optiMST: Welche grundlegenden Druckverfahren gibt es und wie unterscheiden sich diese technisch?

Bei den flüssigkeits-basierten Verfahren werden beispielsweise lichtempfindliche Harze mit einem UV-Laser, einer UV-Lampe oder einem Beamer ausgehärtet.

Bei den pulverbasierten Verfahren gibt es Klebstoff-Verfahren oder thermische Verfahren, letztere sind vergleichbar mit sintern und schmelzen. Die Verfahren basieren darauf, dass dünne Pulverschichten nacheinander aufgetragen und an jenen Stellen erhärtet werden, an denen das Objekt entstehen soll. Dieses kann später aus dem Pulverbett entnommen werden. Beim Lasersinterverfahren kommt ein Laserstrahl zum Einsatz, der im vorgeheizten Bauraum des 3D-Druckers das Pulver an bestimmten Stellen bis kurz unter die Schmelztemperatur erhitzt. Beim Schmelzverfahren werden Hochleistungslaser oder Elektronenstrahlen eingesetzt. Hierbei werden meist Metalle oder Hochleistungskunststoffe verarbeitet. Dabei werden bis zu 1.200 Grad Celsius Arbeitstemperaturen erreicht. 

Das Extrusionsverfahren ist ein thermisches Verfahren, das bei den meisten kostengünstigen Desktop-Printern eingesetzt wird. Ähnlich der Funktionsweise einer Heißklebepistole wird hier ein Kunststoff-Filament durch eine heiße Düse gedrückt und aufgeschmolzen. Dadurch lässt es sich schichtweise auftragen.


optiMST: Gemeinsam mit Berlin Partner haben Sie das 3D-Druck-Netzwerk gegründet. Was sind die Ziele des Netzwerkes und wie sehen die nächsten Schritte aus?

Im Netzwerk wollen wir die Innovationstreiber aus dem 3D-Druck zusammenbringen, um gemeinsam neue technologische Entwicklungen und Geschäftsmodelle voranzutreiben. Auch sollen Forschungsprojekte und Start-Ups unterstützt werden, um neue, zukunftsweisende Arbeitsplätze in Berlin zu schaffen. Ein regelmäßiger Austausch zwischen Start-Ups, etablierten Unternehmen und Nutzern der 3D-Druck-Technologie findet bislang aber so gut wie nicht statt. Das gilt nicht nur für Berlin, sondern praktisch für ganz Deutschland. Das möchten wir ändern und von Berlin aus eine Plattform für alle Akteure im Bereich der additiven Fertigung bieten.

Das erste Berliner Netzwerktreffen fand im Februar in unseren Räumen statt. Mehr als 90 Teilnehmer, darunter Vertreter von großen Konzernen wie EOS und Deutsche Bahn, oder Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer Institut, stellten die von ihnen genutzten 3D-Druck-Lösungen vor. Für die nächsten Monate planen wir regelmäßige Treffen, den Aufbau einer Wissensdatenbank zum Thema 3D-Druck in Berlin, die Unterstützung von Startups im Bereich der additiven Fertigung sowie Seminare und Workshops zum 3D-Druck. 


optiMST: Welche Rolle spielt für Sie der Standort Berlin-Brandenburg und welche weiteren Kooperationen wünschen Sie sich?

Die Idee von 3YOURMIND haben wir in Köln entwickelt. Allerdings haben wir schnell gesehen, dass Berlin für uns der viel bessere Standort ist. Wir haben eine sehr enge Kooperation mit der TU Berlin und auch die Zusammenarbeit mit Berlin Partner ist ausgesprochen fruchtbar. Wir haben am Standort Berlin sehr gute Mitarbeiter gefunden und für die Gründung des Netzwerkes ist Berlin ebenfalls der ideale Standort.

Wir sind ein Spezialist für 3D-Druck-Softwarelösungen und sind allen Anfragen von möglichen Partnern und Anwendern gegenüber aufgeschlossen. 

Das Interview führte Markus Wabersky

 

VITA

heightDer Diplom-Physiker Stephan Kühr arbeitete als leitender Vertriebsingenieur bei einem internationalen Windenergie-Unternehmen und war aufgrund seines Physikstudiums und persönlichen Interessen früh an Technologie und Innovationen interessiert. Mit 17 Jahren gründete er ein IT- und Webdesign-Unternehmen, welches er über einige Jahre neben dem Studium betrieb. Die additive Fertigung (3D-Druck) begeisterte ihn wegen des innovativen und schnelllebigen Charakters, und so baute Kühr erst einen eigenen 3D-Drucker und traf bald die Kollegen, mit denen er 3YOURMIND gründete. Heute leitet Kühr das Unternehmen als Geschäftsführer und fördert das stetige Wachstum der 3D-Druck Softwareschmiede.

 

 Herr Kühr: 3YOURMIND 

 


KONTAKT

Stephan Kühr
Geschäftsführer
3YOURMIND GmbH
Bismarckstraße 10-12
10625 Berlin
E-Mail: 
sk@noSpam3yourmind.com
XING: 
www.xing.com/profile/Stephan_Kuehr