UV-Sensoren warnen vor Hautkrebs – Interview mit Dr. Weiss, sglux und Manuel Steidle, CERTI

Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und  Forschung und die Fundação de Amparo à Pesquisa e Inovação do Estado de Santa Catarina (FAPESC) in Brasilien haben am 26.03.2015 eine Kooperationsvereinbarung zur Förderung von grenzübergreifenden FuE Verbundprojekten im Bereich der optischen Technologien unterzeichnet. Wir sprachen mit der sglux GmbH in Berlin und dem Zentrum für Mechaoptoelektronik (CERTI) der Bundesuniversität Santa Catarina in Brasilien über ihre Pläne.

optMST: Herr Dr. Weiss, Sie sind Geschäftsführer der sglux GmbH. Was produziert die sglux und wo liegen die Kernkompetenzen Ihres Unternehmens?

Dr. Weiss: Die sglux ist ein Unternehmen, das 2003 von Wissenschaftlern und Technikern aus dem Fachgebiet der optischen Halbleiterentwicklung gegründet wurde. Wir produzieren mit 15 Mitarbeitern Komponenten zur Messung ultravioletter (UV) Strahlung,  Photodioden und UV-Sensoren. Die drei Kernkompetenzen sind die Überwachung von Desinfektionsprozessen für Leitungswasser, von Heizbrennerflammen und die Messung von UV- Strahlung zur Messung des UV- Index. Ca. 50% der Geräte von sglux arbeiten in städtischen Wasserwerken an der Entkeimung, man kann es bedenkenlos trinken. Auch jedes Produkt der Coca Cola - Industrie, gleich wo in der Welt, wurde von unserem Sensor geprüft. Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet ist die Nierendialyse. Das Besondere an der sglux ist die garantierte Qualität und Zuverlässigkeit, damit sehen wir  uns als Weltmarktführer. 

optMST: Wie garantieren Sie die Zuverlässigkeit Ihrer Sensoren?

Dr. Weiss: Unsere Geräte werden zusammen mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig überprüft.  Wir unterliegen dem Qualitätsmanagement nach ISO 9001. Wir haben ein weltweit erstes UV-Spektrometer auf Basis von SiC zur spektrometrischen UV-Messung bei der Eigenschaftskontrolle in der UV-LED-Produktion und zur präzisen Messung des UV-Index entwickelt und produziert. Gealterte Sensoren werden bei sglux nachkalibriert. Unser Kalibrierlabor stellt alle Sensoren auf Wunsch auf die Normen der PTB ein.

optMST: In welchem Wellenlängenbereich arbeiten Sie?

Dr. Weiss: Wir arbeiten im Bereich von 160-400 nm. Insbesondere wird für die Wasserentkeimung der Bereich UV–C (280–200 nm ) eingesetzt. Diese Strahlung schädigt die DNA  von Bakterien. Der Bereich UV-B (315–280 nm ) im Sonnenlicht erzeugt in der Haut Vorstufen des Hautkrebses. Deshalb ist in diesem Wellenlängengebiet die Messung des UV-Index wichtig. Der Bereich UV-A (380–315 nm) wird meist für technische Zwecke, z. B. für die Lackhärtung verwendet.

optMST: Woher beziehen Sie Ihre Dioden?

Den SiC-chip haben wir vor sieben Jahren entwickelt und produzieren ihn gemeinsam mit dem Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH). Damit produzieren wir Photodioden zur Messung des UV-Index, UV-Sensoren (TOCONs) zur Messung des UV-Index, verschiedene Optiken und UV-Mess-Sonden mit sehr geringem Messfehler (<1,3%). Die spektrale Empfindlichkeit und das Sichtfeld sind korrigiert entsprechend der ISO 17166. Mit unseren Produkten bauen wir computerbasierte UV-Index-Mess-Stationen auf.

optMST: Wie ermitteln Sie den UV-Index?

Der UV-Index ist in der ISO 17166 definiert und quantifiziert das Risiko eines Erythems (Sonnenbrand) bei einer gegebenen solaren UV-Exposition. Unsere UV-Cosine_UV-Index Mess-Sonde verfügt über eine Kosinuskorrektur nach ISO 17166. Das UV-Spektrum der Sonne wird aufgenommen und der UV-Index dann durch Faltung dieses Spektrums mit der Erythemkurve der menschlichen Haut errechnet. Eine handliche Alternative zur spektrometrischen Feststellung des UV-Index ist dessen Messung mit Radiometern, also photodiodenbasierten, integrierenden Empfängern. Die spektrale Verteilung der Sonne wird in Abhängigkeit von Tages- und Jahreszeit, vom Breitengrad und der Bewölkungs- bzw. der Beschattungs-Situation gemessen. Sie kann sehr unterschiedliche Werte einnehmen. Ein präziser Sensor muss also eine der Wirkfunktion -  d.h. der Erythemkurve der Haut identische oder zumindest sehr ähnliche Empfindlichkeit aufweisen. Die von sglux produzierten ERYCA-Sensoren sind das Resultat langjähriger Entwicklungsarbeit und weisen einen mittleren Messfehler von lediglich 1,3% auf. Diese Sensoren sind also für eine zuverlässige Ermittlung des UV-Index geeignet. Dieser Ansatz zeichnet sich durch extreme Wartungsfreundlichkeit aus.
In Berlin-Adlershof betreiben wir seit 2014 die erste UV-Index-Mess-Station auf Berliner Stadtgebiet. Die Station basiert auf einer sglux ERYCA-Mess-Sonde („UV-Cosine_UV-Index“) und einem LAN-Transmitter („SKYLINK UV transmitter“). Seit Oktober 2015 arbeitet ein baugleiches Modell auf der Südhalbkugel, in Florianópolis, einer Stadt im äußersten Süden von Brasilien. Wir sind dabei ein neues Projekt zu starten, das diese  integrale Methode mit der Messung vom Deutschen Wetterdienst vergleicht. Wir wollen das System in Brasilien mit einem Spektrometer aufbauen und das System von sglux und beide Systeme vergleichen.

optMST: Herr Steidle, Sie sind Executive Direktor des Zentrums für Mechaoptoelektronik (CERTI) der Bundesuniversität Santa Catarina in Brasilien. Welche Interessen führten Sie auf die micro photonic 2016?

Manuel Steidle: Santa Catarina stellt hier die ersten Ergebnisse der Kooperation zwischen der Forschungs- und Technologiestiftung FAPESC und Berlin Partner vor. Das Reference Center Foundation for Innovative Technologies (CERTI) ist eine unabhängige private Institution für die Entwicklung innovativer Technologieprodukte und Lösungen für den brasilianischen Markt. Sie wurde im Oktober 1984 in Florianópolis gegründet mit dem Schwerpunkt Metrologie, Qualitätskontrolle und Informatik, betreibt es nun an anderen Orten und bietet Kunden Komplettlösungen an - von der Konzeption bis zur Entwicklung von Produkten, die zertifiziert und einsatzbereit für den Markt präsentiert werden sowie Lösungen in produktiven und industriellen Prozessen, Green Economy Lösungen, Unternehmertum und Intelligente Systeme. Im Fokus stehen Sonnenschutzmittel. Brasilien hat jährlich ca. 100000 neue Hautkrebsfälle, daran hängt ein großer Markt für Sonnenschutzmittel und eine große medizinische Vor- und Nachsorge. Santa Catarina ist der Hauptsitz, dort soll Unternehmen geholfen werden, Anschluss an Markt zu finden. Seit 2013 besteht die Zusammenarbeit mit sglux, Sensoren von sglux wurden auf der Copacabana zur Messung des UV-Index eingesetzt.

optMST: Im August 2016 unterzeichneten  das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) und CERTI das Memorandum of Understanding. Können Sie uns etwas zu den geplanten Aktivitäten des CERTI sagen?

Manuel Steidle: Das ist eine gemeinsame Erklärung, die die engere Zusammenarbeit von brasilianischen und deutschen Forschungseinrichtungen mit photonischen Gesundheitstechnologien fördern wird. Synergien und komplementäre Forschungen der beteiligten Einrichtungen sollen zu Verbesserungen im Bereich der medizinischen Diagnostik, Überwachung und Therapie führen. In diesem Zusammenhang interessieren uns besonders Unternehmen in Berlin und Brandenburg. Neue Produkte sollen entwickelt und standardisiert werden, Normierungsfragen gemeinsam gelöst werden. Seit 2013 beraten wir, wie wir gemeinsam vorankommen. Zu den Geschäftsplänen gehört die gemeinsame Entwicklung einer eng vernetzten Messung des UV-Index an der Copacabana. Im Ergebnis soll der UV-Index dort von jedem Standort aus auf dem Handy zu sehen sein. Sglux und CERTI sind im Konsortium dabei.

optMST: Wird dadurch das Umweltbewusstsein der Gesellschaft gestärkt?

Manuel Steidle: Ja, mit einer parallel laufenden Aufklärung wird die Gesundheit der Menschen nachhaltig erhalten. Auch die Wasserentkeimung ist angedacht, viele Wassersammlungsstellen werden noch nicht gereinigt. Ziel ist, in den nächsten zwei Jahren weitere Partner dafür zu finden. Bei der Markteinführung gibt es allerdings Hürden: Der südamerikanische Markt ist für photonische Produkte Neuland und hohe Einfuhrzölle erschweren den Aufbau einer mittelständigen Industrie. Das ist ein Hemmnis für die technische Entwicklung.

optMST: Wir danken für das Gespräch.

Das Interview führte Dr. Christel Budzinski  

Kontakt:
 

 

Dr.-Ing. Tilman Weiss
Geschäftsfuehrer /  Managing Director
sglux GmbH
Tel.: +49 30 53015211
www.sglux.de

 

 

Foto: Tilmann Weiss

 

Manuel Steidle
Direktor Fundação CERTI
CME Centro de Mecatrônica
Tel.: +55 48 3239-2115
E-Mail: mas@noSpamcerti.org.br
www.certi.org.br