Interview mit Dr. Armin Wedel - Die Farbe auf den Punkt gebracht

Dr. Armin Wedel leitet die Abteilung Funktionsmaterialien, Bauelemente und Quantenpunkte am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm. Im Interview erklärt der promovierte Physiker, wie er mit seinem Forscherteam neue Technologien für die Farbgebung in Hinterleuchtungseinheiten von LC-Displays entwickelt, die auf dem internationalen Markt gefragt sind.


Kurzportrait

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm entwickelt Kunststoffe, Technologien und Konzeptionen für kundenspezifische Anwendungen. Im Forschungsbereich „Funktionale Polymersysteme“ reicht das Spektrum von der Entwicklung von Materialien mit halbleitenden Eigenschaften über chromogene, phototrope bis hin zu leuchtenden Polymeren, die zu organischen Leuchtdioden (OLEDs) verarbeitet werden. Zu den neuesten Entwicklungen gehören Quantum Dots, so genannte Quantenpunkte, die für brillante Farben in LC-Displays sorgen. Cadmium-basierte Quantum Dots erreichen eine schmalbandige Spektrumsschärfe von nur 20 bis 25 Nanometern. Die neueren, umweltfreundlichen IAP-Entwicklungen, in denen man&nbsp Indiumphosphid einsetzt, erreichen schon eine Spektralschärfe von 40 Nanometern. Das Produktionsverfahren wird weiter verfeinert.
Das Fraunhofer-Institut in Potsdam-Golm hat rund 200 Beschäftigte, darunter sind 80 Wissenschaftler. Auf den Forschungsbereich „Funktionale Polymersysteme“ entfallen allein 50 Mitarbeiter. Es werden Aufträge von mittelständischen Firmen und Großunternehmen bearbeitet.

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Dr. Armin WedelFraunhofer IAP
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Interview

optiMST: Herr Dr. Wedel, welches ist derzeit das interessanteste Projekt, an dem Sie arbeiten?

Dr. Wedel: Das sind die Quantum Dots, also Quantenpunkte. Denn das ist eine Materialklasse, die für künftige Anwendungen im Bereich von Displaysystemen eine große Rolle spielen werden. Sie sorgen jetzt schon in der Hinterleuchtungseinheit eines LC-Displays für brillante Farben. Zukünftig werden die Quantum Dots auch als aktiv leuchtende Materialien in OLED-Displays eingesetzt. Bisher werden für die Farbgebung in OLED-Displays vor allem metallorganische Verbindungen eingesetzt. Für jede Farbe muss eine eigene Verbindung synthetisiert werden. Quantum Dots dagegen entstehen auf der Basis von einer einzigen Materialklasse. Entscheidend ist allein die Dauer der Synthese – so entstehen Quantum Dots für blaue, grüne oder rote Farbe. Wir entwickeln schon seit einigen Jahren diese Nanoteilchen. Zunächst arbeiteten wir mit cadmium-basierten Quantum Dots. Jetzt sind wir dabei, das umweltschädliche Cadmium durch Indiumphosphid zu ersetzen. Wir erreichen damit schon eine Spektralschärfe von 40 Nanometern. Das wollen wir weiter verbessern.

optiMST: Kooperieren Sie dabei mit Partnern aus der Wirtschaft?

Dr. Wedel: Speziell bei der Entwicklung von Quantum Dots auf der Basis von Indiumphosphid arbeiten wir mit der NDF Special Light Products B.V. aus den Niederlanden zusammen. Deren Produkte werden in LCD-Anwendungen in Industrie, Luft- und Raumfahrt und auch in medizinischen Systemen eingesetzt. Wir haben mittlerweile aber auch Anfragen von südkoreanischen Unternehmen. Ende November habe ich an einer Unternehmerreise mit Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber nach Südkorea teilgenommen. Das hat uns geholfen, unsere Kontakte in diesem Land zu festigen. Denn Südkorea war der eigentliche Ausgangspunkt für den Einstieg des IAP in die Erforschung der Quantum Dots. Ich weiß es noch ganz genau: 2009, an einem Freitagnachmittag, wurden wir von deutschen Chemieunternehmen gefragt, ob wir nicht mit einem südkoreanischen Institut an einem solchen Projekt arbeiten wollen. Ich sagte: Warum nicht? Wir können Nanopartikel synthetisieren. Ja, wir trauen uns das zu. Vier Jahre lang haben wir an dem Projekt gearbeitet. Das war ein Zufall, der sich heute auszahlt. Alle Firmen, die Displays herstellen, beschäftigen sich derzeit mit dem Thema Quantum Dots.

optiMST: Das IAP hat mit Potsdam-Golm seinen Standort mitten in der Hauptstadtregion. Welche Bedeutung hat dieser Standort für Sie als Forscher?

Dr. Wedel: In der Hauptstadtregion gibt es viele kleine und mittelständische Unternehmen, die oftmals nicht die Kapazitäten für eine eigene Forschung und Entwicklung haben. Wir wollen die Vernetzung über das Cluster Optik nutzen, um das IAP mit seiner Forschung sowie seinen Dienstleistungen regional und auch national bekannter zu machen. Die Quantum Dots halten zum Beispiel auch Einzug in die Bioanalytik. Die Nanoteilchen können dazu genutzt werden, bestimmte chemische Reaktionen zur Identifizierung von Krankheiten zu visualisieren. Die Farbumschläge sind sehr viel prägnanter als bei bisher verwendeten organischen Farbstoffen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin arbeitet zum Beispiel an solchen Anwendungen. Das ist ein Ansatz für Synergien. Erst kürzlich hatten die Verantwortlichen des Clusters Optik zu einer Tagung über Anwendungen in der Bioanalytik eingeladen. Für uns eine Gelegenheit, die Marktteilnehmer kennenzulernen.
Wir konnten am IAP in den vergangenen Jahren – auch durch viele öffentlich geförderte Projekte – sehr viel Wissen zu unterschiedlichen Themen sammeln. Dieses riesengroße Know-how möchten wir Firmen anbieten. Wir sind in der Lage, neben der reinen Laborforschung die industrienahe Forschung zu forcieren und eine größere Anzahl von Mustern zu produzieren.

optiMST: Quantum Dots eröffnen ganz neue Möglichkeiten für OLED- und Displaytechnologien. Was gehört noch zu den Schwerpunkten Ihrer Forschung?

Dr. Wedel: Natürlich auch die OLED-Technologien ganz allgemein. Wir sind in der Lage, Dünnschichttechnologien für organische Leuchtdioden umzusetzen. Auf diesem Weg können OLED-Module beispielsweise in Kleidung integriert werden. Denken Sie nur an den großen Markt der „personal health care“. Die Menschen wollen länger leben und gesünder bleiben – und dafür regelmäßig ihre Gesundheitsdaten checken. Mit Funktionskleidung, in die Leuchtelemente, Sensoren und Batterien integriert sind, kann man diese Daten ständig im Blick behalten. Das verbessert dann auch die Diagnostik. Die Nachfrage in diesem Marktsegment wird zunehmen. Da bin ich mir sicher. Im Bereich der organischen Photovoltaik haben wir zum Beispiel Solarmodule auf Kunststoffsubstrate, also auf einen flexiblen Untergrund gebracht. Der nächste Schritt ist jetzt, Solarmodule im Rollendruckverfahren zu produzieren. „Energie von der Rolle“ sozusagen. Noch ist diese Idee auf dem Markt nicht konkurrenzfähig. Aber sie könnte die Produktion einfacher und kostengünstiger machen. Die Klimakonferenz in Paris hat doch gezeigt, wie wichtig es ist, neue Ideen zur Nutzung regenerativer Energien zu entwickeln.

optiMST: Das IAP ist auch Partner des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Zwanzig20-Projektes „flex+ – Die Elektronik der Zukunft ist flexibel“. Worum genau geht es dabei?

Dr. Wedel: Es geht darum, flexible Solarzellen, Leuchtdioden und Leiterplatten zu entwickeln. Dafür werden Projekte vorangetrieben, an denen sowohl Forschungsinstitute als auch die Industrie beteiligt sind. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen sollen davon profitieren. Wir stehen erst am Anfang der Forschungsarbeiten, haben aber schon interessante Demonstratoren herstellen können. Dabei wurden Leuchtdioden auf transparente Folien aufgebracht. Solche Entwicklungen könnten sogar als dekorative Elemente vermarktet werden.

optiMST: Im Jahr 2012 wurde am IAP das Anwendungszentrum für Innovative Polymertechnologien in Betrieb genommen. Können von diesen Kapazitäten auch mittelständische Firmen aus der Region profitieren?

ReinraumDr. Wedel: Unsere Türen stehen immer offen. Das IAP in Potsdam-Golm verfügt über eine spezielle Pilotanlage im Reinraum, die einzigartig in Europa ist. Wir können hier kleine Serien automatisiert produzieren. QD-Filme, Solarzellen, OLEDs
– alles, wozu dünne Schichten im Bereich von 20 Nanometern bis&nbsp zu wenigen Mikrometern gefragt sind – können wir umsetzen. Und zwar reproduzierbar in hoher Qualität. Besonders empfindliche Materialien werden in speziellen sauerstofffreien Boxen verarbeitet und dann in Bauelementen verkapselt.                                                                                                           &nbsp Reinraum im IAP/ Fraunhofer IAP




                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                
 
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   
                                                            
Das Interview führte Dr. Ute Sommer

Zur Person

Armin Wedel, Jahrgang 1960, ist gebürtiger Potsdamer. Er hat zunächst in Rostock Physik studiert. 1986 ging er an das Institut für Polymerenchemie der Akademie der Wissenschaften in Teltow-Seehof. 1992 promovierte er an der Universität Potsdam. Der Physiker wechselte 1992 zum Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm. Dort ist er seit 2006 in einer Doppelfunktion tätig: Dr. Armin Wedel leitet den Forschungsbereich Funktionale Polymersysteme und auch die Abteilung Funktionsmaterialien, Bauelemente und Quantenpunkte.


Kontakt

Dr. rer. nat. Armin Wedel
Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP)
Geiselbergstraße 69
14476 Potsdam-Golm

Telefon: +49 331 568 – 1910
Email:  armin.wedel@iap.fraunhofer.de
Internet: www.iap.fraunhofer.de