Mit der Mikroskopie in die Zukunft - Interview mit Tilo Happich, Geschäftsführender Gesellschafter der ASKANIA Mikroskop Technik Rathenow GmbH

Im März dieses Jahres hat Tilo Happich die ASKANIA Mikroskop Technik Rathenow GmbH übernommen – ein Unternehmen, das in der Tradition von 200 Jahren Mikroskopherstellung im westbrandenburgischen Rathenow steht. Darauf aufbauend will Happich mehr Produktneuheiten auf den Markt bringen und auch in Forschung investieren. „Jedes Jahr etwas Neues – das ist mein Ziel“, erklärt der Geschäftsführer.

Kurzporträt:
Die ASKANIA Mikroskop Technik Rathenow GmbH ist eine Manufaktur für Mikroskope, die in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden können: in der Industrie, der Medizin, in Lehre und Forschung sowie in Laboren. Mikroskope von ASKANIA sind modular aufgebaut. Sie werden ganz nach Kundenwunsch montiert. Zum Portfolio des Mittelständlers mit zehn Beschäftigten gehören optische Prototypen, Geräte für die digitale Mikroskopie und fürs optische Messen aus eigener Entwicklung und Produktion. ASKANIA in Rathenow übernimmt ebenso die Wartung und Reparatur von Mikroskopen – auch von Fremdgeräten. Das Unternehmen wurde 1995 von Carla und Ralf-Peter Lautenschläger gegründet. Zum 1. März 2017 erfolgte die Betriebsübergabe an Tilo Happich. Der Kaufmann möchte die Entwicklung und die Akquise im Unternehmen stärken. Er sucht die Kooperation mit weiteren Mittelständlern aus den Bereichen Optik, Feinmechanik und Werkzeugbau, um so auch dem Optikstandort Rathenow neue Impulse zu geben.

Interview:
optiMST: An welchen Neuheiten arbeiten Sie derzeit?
Tilo Happich: Wir wollen mit unseren Erzeugnissen die Möglichkeiten der Lichtmikroskopie erweitern. Das kann durch sinnvolle Kombinationen mit Mess-Software und chip-basierten Lösungen erfolgen. Ich denke da beispielsweise an mikroskopische Lösungen für die Qualitätskontrolle von Werkstücken während der Produktion – auch von verschmutzten Werkstücken. Durch den Einsatz moderner Kameras sind wir heute technisch in der Lage, die Geschwindigkeit einer Qualitätskontrolle dem Tempo der industriellen Fertigung anzupassen. Die Analyseergebnisse liegen vor, bevor eine womöglich mangelhafte Charge komplett gefertigt wurde. Gemessen wird im Mikrometerbereich. Mittelfristig führt der Weg ganz sicher in den Bereich der Nanoskopie. Eine erste Neuerung haben wir schon auf den Markt gebracht: Für Trichinenmikroskope hat ASKANIA eine neuartige LED-Beleuchtung entwickelt. Sie spart Strom, ist besser für den Dauerbetrieb geeignet und&nbsp insgesamt langlebiger als herkömmliche Halogen-Beleuchtungen. Dadurch werden Produktionsausfälle reduziert und gleichzeitig Wartungszyklen verlängert.

optiMST: Wer sind die Kunden der ASKANIA und wo kommt die Mikroskop-Technik zum Einsatz?
Tilo Happich: Potenziell alle, die irgendetwas mithilfe von Mikroskopen untersuchen wollen und überall dort, wo Qualitätssicherung angewandt wird: Produktionsbetriebe, Labore, Ärzte, Tierärzte, Privatleute, aber auch Universitäten und Messtechnik-Firmen. ASKANIA in Rathenow ist eine Manufaktur. Bei uns rufen Kunden an, weil sie etwas Bestimmtes vergrößern und analysieren wollen – und wir konfigurieren und bauen ein Mikroskop genau für diese Anforderung. Unsere Geräte sind modular aufgebaut. Die Gehäuse unserer Mikroskope bestehen aus Metall. Sie sind robust, können in der Industrie eingesetzt werden und wir übernehmen auch die Wartung oder eventuelle Reparaturen. Die benötigten Optiken beziehen wir von Zulieferern aus Deutschland und Bulgarien.&nbsp ASKANIA-Mikroskope gehen an Kunden in der ganzen Welt. Hauptabsatzmärkte sind neben Deutschland auch Großbritannien, Schweden, China, Russland, Österreich, Schweiz, Frankreich und die Niederlande. Jeder Markt hat seine Besonderheiten. Die Schweden zum Beispiel stellen hohe Anforderungen an die Arbeitssicherheit und die Ergonomie von Geräten. Neben den eigenen Erzeugnissen vertreiben wir als Zeiss-Stützpunktpartner auch deren Mikroskop- und Kameratechnik.


MikroskopMikroskop von Askania im Querschnitt /&nbsp Dr. Ute Sommer

optiMST: Sie haben die Mikroskop Technik Rathenow erst vor wenigen Monaten von den Gründern Clara und Ralf-Peter Lautenschläger übernommen. Warum Rathenow? Warum die Optik?
Tilo Happich: Ich habe mehr als 20 Jahre in Niedersachsen gelebt und war schon dort gemeinsam mit meiner Frau als Unternehmer tätig. Ich stamme aus Potsdam – und irgendwann reifte der Entschluss, die Unternehmen zu verkaufen, in die alte Heimat zu ziehen und eine berufliche Auszeit zu nehmen. Aber schon da war für mich klar, dass es irgendwann wieder den Weg in die Selbstständigkeit geben wird. Über nexxt-change, der IHK-Börse für Unternehmensnachfolgen, hatte ich mein Profil veröffentlicht. Ich habe viele Anfragen erhalten, aus denen sich acht ernsthafte Angebote ergeben haben, wobei die Mikroskop Technik in Rathenow für mich ziemlich schnell der Favorit war. Die Größe des Unternehmens, die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und nicht zuletzt die angenehme Verhandlungsatmosphäre mit meinen Vorgängern haben mich überzeugt. Bestärkt hat mich Herr Lautenschläger, der davon überzeugt war, dass ein guter Kaufmann bestens geeignet ist, dieses Unternehmen mit diesen Mitarbeitern an diesem Standort erfolgreich weiter zu führen.

optiMST: Und – hat er Recht behalten?
Tilo Happich: Auf jeden Fall. Alle Mitarbeiter sind geblieben. Jeder Einzelne bringt eine ausgezeichnete Einstellung zu unserer Arbeit mit. Die Altersmischung ist gut und jeder versteht sein Handwerk. Ein tolles Team! Auch das Umfeld könnte besser nicht sein. So gibt es zum Beispiel seit Kurzem an der Technischen Hochschule in Brandenburg einen Optik-Studiengang, in dem unter anderem auch mikroskopischer Gerätebau gelehrt wird. Ich habe mich als Gasthörer eingeschrieben, lerne fachlich enorm viel dazu und habe gleichzeitig auch außerhalb der Hochschule guten Kontakt zu den Professoren. Und dass sich die Optiker-Innung in direkter Nachbarschaft von ASKANIA befindet und die Studenten Teile ihres Studiums dort absolvieren, schadet natürlich auch nicht. Ich freue mich schon auf die ersten Abschlussarbeiten, die über Mikroskopie geschrieben werden und die ersten Absolventen, die bei ASKANIA ihr berufliches Zuhause finden. Aber auch zum örtlichen Optikverein und zu anderen in Rathenow ansässigen Unternehmen, wo in den letzten Jahren übrigens in einigen erfolgreiche Nachfolger die Unternehmensgeschicke in die Hand genommen haben, pflege ich gute Kontakte.

optiMST: Wen meinen Sie da genau?
Tilo Happich: Ich denke da unter anderem an die Firma Schwolow, an die MOM GmbH, an Ophthalmica, an RMW – Rathenower Mechanik und Werkzeugfertigung oder die Havelländische Zinkdruckguss HZD in Premnitz. Oder nehmen Sie die Firma Saß Werkzeuge in Rathenow. Die haben einen digitalen Werkzeugschrank entwickelt, der mithilfe von RFID-Chiptechnologie genau registriert, welche Werkzeuge entnommen wurden. Solche Schränke wären auch für uns sinnvoll. Für Reparaturaufträge halten wir viele Tausend Einzelteile vor. Mit der Saß-Entwicklung wären wir jederzeit über die Bestandsveränderungen im Bilde. Wenn wir diese digitalen Informationen mit unserem Bestellsystem verbinden, könnten ganz automatisch Nachbestellungen generiert werden. Die Vision: Erst wenn der Postbote mit einem Paket neuer Ersatzteile bei uns klingelt, merken wir, dass etwas nachbestellt wurde. Das ist für mich Digitalisierung der Betriebsabläufe. Da möchte ich hin.

optiMST: Wo sehen Sie die ASKANIA Mikroskop Technik Rathenow in etwa fünf Jahren?
Tilo Happich: Es gibt keinen Fünf-Jahres-Plan und auch kein Umsatzziel oder Ähnliches. Aber ich weiß schon, wohin ich will. Ich möchte ein größeres Selbstbewusstsein im Unternehmen aufbauen und die Marke ASKANIA stärken. Ich möchte die lange Tradition des Mikroskopbaus in Rathenow bewahren und den Standort in der Branche bekannter machen. Im Unternehmen selbst sind die Ziele auch klar: mehr Betriebsabläufe digitalisieren, die 3-D-Technologie für die Kleinserienfertigung nutzen, an Design und Funktionalität unserer Mikroskope arbeiten und die Produktion auf eine breitere Basis stellen. Wir machen das, weil wir gut sind. Bisher sind wir auf Messen gefahren, um Produkte zu zeigen. Jetzt werden wir an Messen teilnehmen und neue Produkte zeigen. Die andere, größere Geschichte ist: echte Forschung. So planen wir unter anderem, gemeinsam mit Partnern einen Förderantrag für die Entwicklung von Geräten zur berührungslosen Augenuntersuchung zu stellen.

Das Interview führte Dr. Ute Sommer.

Zur Person:

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Tilo Happich /&nbsp Dr. Ute Sommer

Tilo Happich ist in Potsdam aufgewachsen und studierte in Göttingen Volkswirtschaftslehre. Zwei Jahrzehnte lang arbeitete der Diplomvolkswirt als kaufmännischer Leiter und Geschäftsführer in insgesamt drei mittelständischen Familienunternehmen in Niedersachsen. Gemeinsam mit seiner Frau gründete er 2011 in Niedersachsen ein Dienstleistungsunternehmen im Pflegebereich. Um mehr Zeit für die Familie zu haben, veräußerten beide den Betrieb. Happich zog es wieder in seine Heimat. Seit 2015 lebt er mit seiner Familie in der Nähe von Potsdam. Im März 2017 übernahm er die ASKANIA Mikroskop Technik Rathenow GmbH mit insgesamt zehn Beschäftigten.

Kontakt:
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ASKANIA Mikroskop Technik Rathenow GmbH
Geschäftsführer Tilo Happich
Grünauer Fenn 40
14712 Rathenow
Telefon: +49 3385 537 115
E-Mail: t.happich@noSpamaskania.de
Internet: http://www.askania.de