Interview mit Peter Wetzel, Werkleiter und Gisbert Heining, kaufmännischer Werkleiter Berlin LEDVANCE GmbH, Lizenznehmer der Marke OSRAM für Produkte im Bereich Allgemeinbeleuchtung

„Wir müssen als Standort Berlin aktiv und kreativ sein, um selbstständig zusätzliches Geschäft zu generieren. Wir sehen dazu in unserem Berliner Umfeld jede Menge Potentiale.” - Peter Wetzel und Gisbert Heining, Werkleiter Berlin der LEDVANCE GmbH im optiMST-Interview über die Zukunft des Unternehmens und Kooperationen am Standort.

Unternehmensprofil:

Die LEDVANCE GmbH ist eine hundertprozentige Tochter der OSRAM GmbH und gehört weltweit zu den führenden Anbietern von Lampen für professionelle Kunden und Endanwender. Die Produktpalette umfasst sowohl fortschrittliche LED-Lampen als auch traditionelle Leuchtmittel, standardisierte Leuchten sowie intelligente und vernetzte Lösungen in den Bereichen Smart Home und Smart Building. LEDVANCE ist in über 120 Ländern aktiv und beschäftigt per 1. Juli 2016 rund 9.000 Mitarbeiter. Im Geschäftsjahr 2015 erzielte das Lampengeschäft der Allgemeinbeleuchtung etwa 40 Prozent des Umsatzes von OSRAM und belief sich somit auf rund 2 Milliarden Euro.

INTERVIEW

optiMST: LEDVANCE ist die Ausgründung und der Lizenznehmer der Marke OSRAM für Produkte im Bereich Allgemeinbeleuchtung. Welche Schwerpunkte hat das Unternehmen auf dem Markt und in der Produktion?

Peter Wetzel: Die aktuellen Schwerpunkte von LEDVANCE liegen bei der Fertigung konventioneller Lampen für den Consumer-Markt. Dazu zählen aber nicht nur Glühlampen und Energiesparlampen, wie man sie heute in nahezu jedem Haushalt antrifft, sondern auch hocheffiziente Hochdruckentladungslampen für den professionellen Einsatz oder LED Lampen, sogenannte Retrofits. Einen bisher kleineren Anteil machen komplette Leuchten aus. Dieses Geschäft soll in der Zukunft stärker ausgebaut werden. Hier werden nahezu ausschließlich LED’s zum Einsatz kommen. In den nächsten Schritten sollen mehr und mehr Vernetzungen in die Lichtlösungen kommen, sogenannte Smart-Home-Anwendungen. Im Fokus steht dabei immer der Consumer-Markt, also das Massengeschäft. Wir in Berlin sind aktuell auf die Entwicklung und Produktion von Hochdruckentladungslampen spezialisiert. In kleinen Projekten arbeiten wir aber bereits an LED-basierten Beleuchtungslösungen.

optiMST: Ende Juli 2016 gab OSRAM bekannt, dass LEDVANCE für 400 Mio. Euro an ein chinesisches Konsortium verkauft wird. Können Sie uns etwas über den aktuellen Stand berichten und einschätzen, wie es mit dem Unternehmen weitergeht?

Gisbert Heining: Aktuell sind wir in einer Phase, wo wir um die neue Eigentümerstruktur wissen, der sogenannte Change of Control aber noch nicht erfolgt ist. Das heißt, wir sind aktuell noch eine 100%ige Osram-Tochter, wenngleich der Weg klar aufgezeichnet ist. Für uns im Werk gibt es dazu noch keine konkreten Themen. Generell werden sich die Geschäfte von LEDVANCE und den neuen Eigentümern stark ergänzen. Während LEDVANCE seine Stärken im traditionellen Geschäft in Europa und Amerika hat, ist der neue Eigentümer mit LED-Leuchtsystemen im asiatischen Markt stark. Von dieser Situation können beide Seiten profitieren. Am Ende entscheidet aber wie immer die Wettbewerbsfähigkeit. Wer sein Produkt nicht wirtschaftlich entwickeln und fertigen kann, hat in jeder Eigentümerkonstellation Schwierigkeiten.

optiMST: Am Standort Berlin hat LEDVANCE etwa 250 Mitarbeiter in Produktion und Entwicklung. Für welche Themen und Projekte ist der Standort Berlin zuständig?

Peter Wetzel: Berlin ist das Kompetenzzentrum für Hochdruckentladungslampen. Das war bereits im Gemeinschaftsbetrieb mit OSRAM der Fall. Die LEDVANCE-Entwicklungsabteilung entwickelt und betreut dabei nicht nur die Produkte und Produktion hier am Standort, sondern auch andere Fertigungsstätten in Deutschland, Europa, Asien und Amerika. Während in der Fertigung nahezu ausschließlich Produkte dieser Technologie produziert werden, beschäftigen wir uns in der Entwicklung und auch im Engineering mit Zukunftsthemen. Dabei hilft uns unsere Expertise aus den heutigen Lichtanwendungen in der Shopbeleuchtung oder der Straße. Wir kennen zum Beispiel die Bedürfnisse der Kommunen bei der effizienten Beleuchtung von Straßen und Gebäuden. Im Engineering haben wir eine große Expertise beim vernetzten Monitoring und Visualisierung von Produktions- oder Verbrauchsprozessen. Dies wollen wir auch für andere Anwender, also unsere Partner und Kunden, nutzbar machen.

optiMST: Welche Optionen und neuen Entwicklungen sind für den Standort Berlin denkbar und welche Pläne haben Sie persönlich mit dem Standort?

Peter Wetzel: Nüchtern betrachtet ist Berlin kein klassischer Produktionsstandort für Massenfertigung. Das gilt insbesondere für Elektronik, also der Basistechnologie zukünftiger Beleuchtungssysteme. Die konventionellen Lichtquellen werden nach und nach vom Markt verschwinden, wenngleich der Zeitraum der Nachbestückung dieser Lampen in vorhandene Leuchten noch etwas andauern kann.

Für mich sind drei Faktoren wichtig:

  1. Wir müssen es schaffen, die Herstellkosten unserer traditionellen Lampen gering zu halten. Dies ist insbesondere bei fallenden Mengen eine große Herausforderung. Für die Produktion, den Einkauf und die gesamte Administration.
  2. Wir müssen uns als Entwicklungs- und Fertigungsstandort für zukünftige LEDVANCE-Produkte empfehlen. Hier kann jeder Mitarbeiter in seinem Umfeld mit guten Arbeitsergebnissen einen Beitrag leisten.
  3. Wir müssen als Standort Berlin aktiv und kreativ sein, um selbstständig zusätzliches Geschäft zu generieren. Wir sehen dazu in unserem Berliner Umfeld jede Menge Potentiale.

optiMST: Wie bedeutsam ist für Sie der Standort Berlin und welche Vorteile bietet er aus Ihrer Sicht?

Peter Wetzel: Berlin ist zuerst einmal die Stadt bzw. die Region, in der ich lebe. Sie ist einzigartig, da hier Großstadt, Politik, Industrie, Kultur und Natur eng zusammenkommen. Von meinem Wohnort kann ich mit dem Fahrrad ins Zentrum zum Beispiel zum Brandenburger Tor fahren oder nahezu abgeschieden auf das Land durch die Schorfheide. Hier gibt es deutsche Geschichte, Kultur und Einkauf. Berlin ist eine grüne Stadt, hat viele Wasserflächen, Parks und sogar Wälder.

Gisbert Heining: Berlin ist aber auch eine Wissenschaftsregion. Es gibt hier 4 Universitäten, 37 Hochschulen, über 20 Technologieparks und circa 70 außeruniversitäre Forschungsstätten. Berlin ist ein Zentrum der Kreativwirtschaft. Hier entstehen täglich neue Ideen. Menschen kommen nach Berlin, um die Gegebenheiten der Stadt zu nutzen, um ihre Projekte weiter zu entwickeln. Es gibt mehr und mehr Gründerzentren und Netzwerke, wo Start-Ups und große Unternehmen zusammenfinden. Von diesem Zusammenarbeiten können sowohl die jungen Start-Ups als auch die etablierten Unternehmen profitieren.

optiMST: Sie planen gezielt den Ausbau von Kooperationen mit Standortpartnern und sind auch bereits Mitglied im neuen Netzwerk INAM - Innovation Network for Advanced Materials. Wie können Branchenmitglieder aus Berlin-Brandenburg mit Ihnen kooperieren?

Gisbert Heining: Wir als LEDVANCE-Werk in Berlin versuchen genau diese Chancen zu nutzen. Wir haben in Spandau ein Werk für die Entwicklung und Produktion von Lampen. Wir haben aufgrund unserer jahrelangen Tätigkeit eine große Expertise für die Industrialisierung und Produktion von hochwertigen Produkten. Wir haben im Werk ein ausgeprägtes Know-How an Entwicklung, Labore und Analytik, wir beherrschen die Qualitätsmethoden, können kleine Maschinen und Vorrichtungen bauen, beherrschen Maschinensteuerungen und Datenvisualisierung von Prozessen. Wir wissen, was man tun muss, um von einer guten Idee zu einem marktreifen Produkt zu kommen. Diese Fähigkeiten wollen wir nutzen, um mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten. Speziell junge Unternehmen können von diesem Angebot profitieren. Sie haben meist eine tolle Idee oder ein Produkt, scheitern aber oft daran, dieses in einen marktreifen Zustand zu bringen. Hier können und wollen wir unserer Expertise anbieten. Wir haben im LEDVANCE-Werk in Spandau sehr gut ausgestattete Produktionsflächen, auf denen wir vielfältige Fertigungsprozesse, vom Prototyp bis zum Massenprodukt, abbilden können.

Wir sind dazu mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie in Kontakt getreten, haben uns dem Netzwerk INAM angeschlossen, engagieren uns bei diversen Veranstaltungen, zum Beispiel bei der Start-Up-Competition AdMaCom und werden demnächst auf einer eigenen Homepage mit unserem Angebot werben.

optiMST: Was sind die mittel- und langfristigen Ziele für den Standort LEDVANCE Berlin? Wo wollen Sie in 5 Jahren mit Ihrem Standort stehen?

Peter Wetzel: Berlin war mit seiner Lampenfertigung immer ein Hochtechnologiestandort. Hochdruckentladungslampen sind in der konventionellen Beleuchtung in Bezug auf Lichtausbeute, Effizienz und Erscheinungsbild das Maß der Dinge. Durch den Wandel zur LED wird diese Technik Schritt für Schritt abgelöst.
Die neue Strategie von LEDVANCE setzt zukünftig neben dem traditionellen Geschäft auf smarte Licht- und Home-Elektroniklösungen. Auf diesem Feld wollen wir uns entwickeln und für das Unternehmen Anwendungen entwickeln und industrialisieren. Das können wir natürlich nicht aus eigener Kraft. Die Zusammenarbeit mit jungen Unternehmen spielt deshalb eine wichtige Rolle. Wir haben im Beisein der LEDVANCE-Geschäftsleitung gerade eine Kooperation mit dem Start-Up Volatiles beschlossen. Wir entwickeln die Hardware für das Produkt von Volatiles weiter und übernehmen die Produktion, Volatiles treibt die Software-Entwicklung voran. So verhelfen wir einem sehr ansprechenden Produkt zu einer Marktchance, sichern einem jungen innovativen Unternehmen die Zukunft, eröffnen dem Unternehmen LEDVANCE neue Entwicklungschancen im Smart-Home-Business und sichern im Berliner Werk Beschäftigung.

Wir sind bestrebt, weitere interessante Kooperationen nach dem geschilderten Beispiel einzugehen. Mittelfristig werden wir dadurch die Struktur des Standortes nachhaltig verändern.

Das Interview führte Markus Wabersky.

VITA

Peter Wetzel:
Verheiratet, 2 Kinder, Maschinenbaustudium in Berlin, seit 2000 bei Osram, Abteilungsleitung Produktion, später Fertigungsleitung, ab April 2016 Werkleitung Ledvance Berlin.

Gisbert Heining:
Betriebswirt, seit 1983 bei Osram in Berlin und zusätzlich einige Auslandsstationen, zuständig für das Controlling.

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Foto: Markus Wabersky

Kontakt:

Peter Wetzel
Werkleiter
LEDVANCE GmbH
Nonnendammallee 44
13629 Berlin
Tel.: +49 30 259 365 100
E-Mail: p.wetzel@noSpamledvance.com
Internet: www.ledvance.com

Lizenznehmer der Marke OSRAM für Produkte im Bereich Allgemeinbeleuchtung