Analysesystem FarmLab, Fotocopyright: Stenon GmbH

Wenn der Boden spricht

Die Stenon GmbH – ein Start-up in Potsdam – entwickelt ein mobiles Labor für Landwirte zur Bodenanalyse. Wie Geschäftsführer Niels Grabbert betont, habe man bisher kein Wettbewerbssystem finden können, das so umfangreiche Daten und präzise Aussagen über die Bodenqualität liefert wie das FarmLab von Stenon.

Landwirtschaft kann so einfach, so reduziert sein: ein Plastikeimer unter einem Labortisch, gefüllt mit Sand aus der märkischen Streubüchse und gespickt mit modernster Sensortechnik. Das ist der Alltag im Labor der Stenon GmbH im Stadtzentrum von Potsdam. „Wir spielen hier im Dreck“, sagt Firmenchef Niels Grabbert und lacht. Der Sand im Plastikeimer ist eine von mehreren typischen Bodenarten für Deutschland, auf die die Sensortechnik von Stenon getrimmt ist. Sie erkennt die Körnung und die Textur von Böden. Und nicht nur das. Das Potsdamer Start-up entwickelt ein System, das dem Landwirt viele Fragen zur Qualität seines Bodens beantworten kann.

Wie hoch ist die Konzentration von solchen Nährstoffen wie Phosphor, Kalium, Humus, Magnesium, Nitraten und Ammoniumstickstoff? Wie sieht der pH-Wert aus? Wie ist es um die Bodenfeuchtigkeit bestellt? Mit diesen Informationen kann der Landwirt entscheiden, ob und wie viel Düngemittel er ausbringen muss und ob er sein Feld bewässern muss. Was er zum Beispiel an Düngemitteln einspart, schont die Umwelt und die Geldbörse des Landwirts. Langfristig kann der Landwirt die Qualität seiner Böden verbessern und die Erträge steigern.

Seit knapp einem Jahr wird bei Stenon am Analysesystem FarmLab getüftelt. Im April 2018 gründeten der studierte Mikrosystemtechniker und Sensor-Experte Niels Grabbert und der studierte Wirtschaftsingenieur Dominic Roth ihr Unternehmen in Berlin. Inzwischen ist das Start-up nach Potsdam gezogen – die Unternehmer suchen die Nähe zu den Landwirten in Brandenburg. Das ehemalige Zwei-Mann-Unternehmen hat heute schon fünf Mitarbeiter. Es sind Experten für Software, für Machine Learning und Hardware, aber auch Bodenkundler. Sie unterstützen die Gründer dabei, Software zu entwickeln, Sensortechnik zu verfeinern, Daten auszuwerten und nicht zuletzt das FarmLab für den Landwirt leicht bedienbar zu machen. Das FarmLab hat die Gestalt eines High-Tech-Spatens. Wo der Spaten normalerweise sein Blatt hat, sitzt die Sensortechnik. Am Spaten-Stiel ist ein Touchscreen befestigt. Über ihn kann das System gesteuert werden. Es ist auch möglich, „das Gerät mit dem Handy zu koppeln“, erklärt Niels Grabbert.

Wenn ein Landwirt das mobile Labor in den Boden sticht, läuft die Analyse in einem Bereich von 0 bis 30 Zentimetern. Mit jeder einzelnen Messung, die nur wenige Sekunden dauert, werden mehr als 5000 Datenpunkte erfasst. Die Daten stehen in Echtzeit zur Verfügung. Niels Grabbert zählt die Vorteile dieser mobilen Bodenanalyse auf: Es ist nicht mehr nötig, Bodenproben zu entnehmen und zur Untersuchung ins Labor zu schicken. Das spart Zeit und Geld. Und es bringt in einigen Bereichen auch mehr Sicherheit. Um im Labor den Stickstoffgehalt messen zu lassen, müssten Niels Grabbert zufolge die Bodenproben auf dem Weg zum Labor stets gut gekühlt sein. Doch es sei für Landwirte nicht leicht, die Kühlkette einzuhalten. Das mache in der Folge den Check im Labor fehleranfällig. Diese Probleme treten bei der Echtzeitmessung direkt auf dem Feld nicht auf.

Zehn Landwirte testen derzeit den Prototypen von Stenon. Die meisten von ihnen sind in Brandenburg ansässig. Es sind aber auch Landwirte aus Süd- und Westdeutschland unter den Testern. Das junge Potsdamer Unternehmen, das über das Brandenburger Förderprogramm „Gründung innovativ“ unterstützt wird, will Anfang 2020 sein FarmLab in den Verkauf bringen. Robust soll der High-Tech-Spaten sein. „Wie der typische Schraubenzieher“, erklärt Niels Grabbert. Robust und einfach zu bedienen. Und ein CE-Zertifikat soll das Gerät bekommen.

Bis zum Verkaufsstart soll die Belegschaft auf 15 Mitarbeiter gewachsen sein. In Potsdam sei es nicht so einfach, Fachkräfte zu gewinnen, sagt der Firmenchef. „Softwareentwickler gehen lieber nach Berlin“, so Niels Grabbert weiter. Aber beim Standort von Stenon in unmittelbarer Nähe zum Park Sanssouci lässt sich dann doch so mancher begeistern. Und dann ist da noch etwas: „Wir bearbeiten hier alle Stufen in der Entwicklung: von ganz unten bis zur Anwenderlösung“, betont der Unternehmer. Das sei für viele sehr, sehr reizvoll. „Das Team muss wachsen“, sagt Niels Grabbert, „sonst ist der Plan nicht umzusetzen“.

In Potsdam haben Dominic Roth und Niels Grabbert das ideale Umfeld für die Entwicklung ihrer Gründeridee gefunden. Nur wenige Kilometer entfernt ist das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie ATB. Hier haben die beiden Unternehmer Zugang zu Laboren und können mit Experten die Verbesserung und Verfeinerung von Technik und Software diskutieren. Mit dem IGZ, dem Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren, bahnt sich eine weitere Kooperation an.

Gerade im Bereich des Gemüseanbaus sehen die Stenon-Gründer die besten Einsatzmöglichkeiten für ihr FarmLab. Denn hier werden mit vergleichsweise viel Handarbeit hochpreisige Produkte angebaut. Da rentieren sich die zusätzlichen Handgriffe für die Bodenanalyse allemal. In welchen Abständen auf dem Feld Daten erhoben werden müssen, um valide Aussagen über einen Schlag zu gewinnen, wird derzeit getestet.

Niels Grabbert ist auf dem Land aufgewachsen, im Amt Neuhaus an der Elbe. So gesehen sei sein Engagement für die Landwirtschaft wie eine Rolle rückwärts, meint der 30-Jährige schmunzelnd. Im Gespräch mit den Landwirten sagt es der Jungunternehmer aber „so, wie es ist: Wir sind keine Landwirte. Wir versuchen, mit euch etwas zu bauen. Helft uns dabei. Jeder Input ist wichtig.“ Das sei keine Floskel, betont der Firmen-Mitgründer. Und die Zusammenarbeit funktioniert. Erste Kontakte zu Landwirten wurden über das Ernährungscluster in Brandenburg angebahnt.

Netzwerke seien wichtig, sagt Niels Grabbert. Kontakte zur eigenen Branche über Optec-Berlin-Brandenburg helfen beim Austausch. Den Nutzen definieren die beiden Stenon-Chefs über die Geschwindigkeit, mit der neue Ideen entstehen und umgesetzt werden. Darum gehe es im Wettbewerb nun mal: um Geschwindigkeit. 70 bis 80 Stunden in der Woche arbeiten die Gründer für ihre Idee. Kennengelernt haben sich Dominic Roth und Niels Grabbert über Netzwerke. Der gemeinsame Wunsch, gründen zu wollen und etwas Eigenes aufzubauen, war der Start für die Stenon GmbH. „Wir ergänzen uns in unseren Fähigkeiten“, sagt Niels Grabbert. Er ist der Technische Geschäftsführer im Unternehmen. Dominic Roth, der Erfahrung in der Unternehmensberatung gesammelt hat und in der Business-Welt zu Hause ist, ist der Kaufmännische Geschäftsführer der Stenon GmbH.

Ziel des Start-ups ist es, das System für die Bodenanalyse an landwirtschaftliche Geräte zu koppeln. Werden Letztere über das Feld bewegt, wird der Boden ganz beiläufig untersucht. Ganz einfach eben.

Porträt von Dr. Ute Sommer (Havelcom Concept)

Kontakt

Niels Grabbert / Dominic Roth
Stenon GmbH
Schopenhauerstraße 27
14467 Potsdam
Tel.: +49 151 2393 6887
E-Mail: dominic.roth@stenon.io / niels.grabbert@stenon.io